16. Januar – Mir ist schlecht – schon wieder!

Die letzten Tage sind angebrochen. Wir befinden uns auf dem Weg von der antarktischen Halbinsel nach Südamerika und durchfahren die Drakestraße. Sie ist nach Francis Drake benannt, der sie auf seiner Weltumseglung (1577-1580) entdeckte. Die Straße ist 700 Seemeilen breit und häufig herrschen hier raue Wetterbedingungen. Wir haben jedoch Glück, Wind und Welle meinen es gut mit uns. Trotzdem ist mir wieder schlecht. Im Eis hat es mir definitiv besser gefallen.

Warum wird einem überhaupt schlecht wenn das Schiff schwankt?

In unserem Körper nehmen Rezeptoren Reize aus der Umwelt wahr und leiten diese Information über Nervenbahnen ans Gehirn weiter, welches die Information verarbeitet und auswertet. Bei Seegang liefern die Mechanorezeptoren der Bogengänge im Innenohr (unser Gleichgewichtsorgan), die Lichtrezeptoren der Augen, sowie Spannungsrezeptoren in Muskeln, Sehnen, Gelenken und der Haut (Orientierung im Raum) widersprüchliche Informationen ans Gehirn. Dies setzt das Gehirn in einen Alarmzustand – das vegetative Nervensystem, der Sympathikus, wird aktiviert. Der Körper reagiert darauf u. a. mit erhöhtem Herzschlag und verringerter Magen- und Darmtätigkeit. Da weiterhin Speichel und Magensäure produziert wird, und diese Flüssigkeiten den Magen reizen, kann der Brechreiz ausgelöst werden.

Zum Glück gibt es Medikamente, die ganz gut wirken. Doch leider machen sie müde. Von meinem Arbeitsplatz und vom Bett aus habe ich Blick auf den Horizont, das hilft. Nach einiger Zeit gewöhnt sich der Körper angeblich auch an die Situation. 15% der Bevölkerung sind überhaupt nicht von der Seekrankheit betroffen; aber wenn ich mich hier auf dem Schiff umschaue, sind es deutlich mehr. Entweder fahren nur Leute zur See, die nicht seekrank werden oder sie haben sich so daran gewöhnt, dass es ihnen nichts mehr ausmacht. Da ich definitiv nicht zu dieser Kategorie gehöre, verbringe ich die meiste Zeit des Tages im Bett, da dies der einzige Ort ist, an dem mein Magen nicht rebelliert. Somit gibt es heute leider keine Fotos.

 

Lena, 6a fragt: Wieso wird das Eis in der Arktis weniger und in der Antarktis mehr? Hat das was mit der Sonnenerwärmung zu tun?

klimawandel

Liebe Lena,

das hast du dir aber auch gleich die schwierigste Frage ausgesucht die man stellen kann wenn’s um die Polarmeere geht.  Aber bei einer so schön gemalten Erdkugel fällt mir das Erklären leichter

Zunächst mal müssen wir zwei Arten von Eis unterscheiden:  Das Meereis und die Gletscher.

In der Arktis reicht das Meereis vom Pol (90°N) bis zwischen 70°N und 80°N, ist also direkt um den Pol herum.  Dort gibt es ja kein Land sondern nur Meer.  Weiter zum Äquator hin kommen dann die großen Gletscher von Grönland, Alaska, Kanada – die auf dem Land aufsitzen.

In der Antarktis ist es genau anders herum.  Dort reicht das Land vom Pol (90°S) Richtung Äquator bis zu etwa 70°S, und dieses Land ist komplett mit dicken Gletschern bedeckt.   Erst dann beginnt der Antarktische Ozean der sich bis etwa 55°S hin erstreckt.

Das Eis der Gletscher entsteht durch Schneefall, der fast das ganze Jahr hinweg auf die Gletscher fällt, sich dort aufhäuft und dabei zusammengedrückt wird und zu Eis wird.  Das Meereis entsteht dadurch, dass das Meerwasser sehr kalt wird und bei etwa -2°C anfängt zu gefrieren.  Dabei friert immer mehr Eis von unten an, und die Eisschicht wird immer dicker, so bis zu 2m in einem Winter.  Die Ausdehnung des Meereises schwankt dabei stark zwischen Sommer und Winter,  denn im Sommer schmilzt wieder viel von dem Eis, das sich im Winter gebildet hatte.  Nur wenn sich im Winter mehr Meereis bildet als im Sommer schmilzt, wird es von Jahr zu Jahr mehr, wenn im Sommer mehr schmilzt als im Winter dann wird das Meereis von Jahr zu Jahr weniger.

Was wir nun beobachten ist dies:

In der Arktis schmelzen die Gletscher schneller als die meisten in der Antarktis.  Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Gletscher der Antarktis weiter polwärts liegen als die der Arktis, und dadurch in einem generell kälteren Bereich der Erde sind und bislang noch weniger von der Erderwärmung betroffen sind.

In der Arktis scheint auch das Meereis von Jahr zu Jahr weniger zu werden, es muss also im Sommer mehr schmelzen als im Winter wieder neu gebildet wird.  Dies hat mit dem Klimawandel zu tun, der bewirkt dass die Luft über der Arktis häufig wärmer ist als früher.  In der Antarktis scheint die durchschnittliche Meereisausdehnung mehr oder weniger stabil zu sein, vielleicht wird es ein bisschen mehr, vielleicht aber auch nicht.  Wahrscheinlich hat das mit den Winden über dem Meer zu tun.  Und damit kommt, neben dem Eis, und dem Ozean auch noch die Atmosphäre ins Spiel.

Und das macht das Ganze so kompliziert, dass bis heute niemand genau sagen kann WARUM genau das so ist.  Wir haben zwar Computermodelle die das Erdsystem (das heißt Ozean, Eis und Luft, und manchmal auch noch die Lebewesen) modellieren, also die Prozesse die zwischen diesen „Elementen“ ablaufen nachstellen, und uns dann Vorhersagen geben, wie schnell es wärmer wird und wo viel Eis schmilzt wenn wir noch mehr CO2 in die Luft blasen,  die gegenseitige Beeinflussung von Ozean und Eis (wärmerer Ozean bedeutet weniger Eis, weniger Eis lässt den Ozean schneller wärmer werden, wenn der Ozean zu warm wird kann’s eine Eiszeit geben) macht das Ganze aber so kompliziert, dass man deine Frage noch nicht so richtig beantworten kann. Wir wissen im Moment nur dass es so ist und die Gletscher und das Meereis mehr und mehr abschmelzen werden , wenn wir so weitermachen wie bisher.

Alles Gute für Dich, deine Klasse und Sabine.

Olaf