Der letzte Tag im Eis. In ein paar Seemeilen sollen wir angeblich die Eisgrenze erreichen. Pünktlich um 16 Uhr trete ich somit zum letzten Mal die Eiswache auf der Brücke an. Alle halbe Stunde erfasse ich die Daten. Das Eis wird wirklich immer weniger, ein paar Eisberge treiben noch durchs Wasser. Um halb acht mache ich den letzten Eintrag während meiner Wache und gleichzeitig auch den letzten Eintrag der Reise: die Eisbedeckung ist 0, wir sind im offenen Wasser angekommen. Der Laptop wird nach fast 5 Wochen, in denen regelmäßig die Daten erfasst wurden, heruntergefahren und weggepackt. Ein komisches Gefühl, denn spätestens jetzt ist klar, die Reise nähert sich dem Ende, wir befinden uns auf dem Heimweg.
Erfreulicherweise nimmt, während das Eis immer weniger wird, die Zahl der Robben und der Wale zu. Aus diesem Grund ist es auf der Brücke inzwischen immer voller geworden und auch die Helis sind wieder im Einsatz. Kein Wunder, denn wir fahren an Elephant Island vorbei. Die Gegend ist bekannt für viele Walsichtungen. Stundenlang habe ich während der Expedition auf der Brücke ausgeharrt, um einen Wal aus der Nähe zu sehen. Doch meistens waren sie weit weg und man konnte nur den Blas bzw. eine Flosse oder Fluke erkennen. Doch das sollte sich heute ändern. Ich kam gerade die Treppe aufs A-Deck hoch, drehte mich zufällig um und da stand er, ein Buckelwal, eine Sekunde lang, elegant und mächtig, bis zur Körpermitte aus dem Wasser heraus, direkt vor mir, in unmittelbarer Nähe zum Schiff! Ein Schrei der Begeisterung! Zeitgleich stürmten drei Wissenschaftler aus der Brücke heraus ans Deck und konnten dieses wunderbare Erlebnis mit mir teilen. Es ging so unglaublich schnell, für ein Foto blieb keine Zeit. Danach wurden noch viele weitere Finnwale und Buckelwale gesichtet, aber nicht in so spektakulärer Art und Weise.
Ein weiterer Hinweis, dass wir uns langsam aber sicher der Zivilisation annähern sind andere Schiffe. Von Ushuaia , Argentinien, aus fahren die Kreuzfahrtschiffe auf Touristenexpedition in die Antarktis. Eines dieser Schiffe konnten wir aus der Ferne sehen, ein weiteres wurde vom Heli aus gesichtet.
Je weiter wir uns von Elephant Island und der antarktischen Halbinsel entfernten, umso stärker wurde der Seegang. So langsam wies mich auch mein Magen darauf hin, dass die Wellen immer größer werden. Da es sowieso Schlafenszeit war, legte ich mich ins Bett und nahm mir vor am nächsten Tag gleich Claus nach Medikamenten zu fragen, da für die Überfahrt nach Chile zwar relativ gutes Wetter vorhergesagt war, uns aber trotzdem eine Wellenhöhe von bis zu 3 Meter bevorstand.