12. Januar – Zu Gast im Maschinenraum

Maschine

Maschine

Heute war ich zu Besuch in einer mir sehr fremden Welt – im Maschinenraum der Polarstern. Es war laut, warm und hat etwas nach Öl gerochen. Jens, 2. Ingenieur, hat mich zu sich in den Maschinenkontrollraum eingeladen und mir sehr geduldig und ausführlich die Schaltpulte, mit denen die Maschinen, Tanks usw. bedient werden, erklärt. Danach führte er mich, mit Hörschutz gegen den Lärm, durch den Maschinenraum. Es war eine interessante und spannende Tour durch einen Bereich des Schiffes, den man sonst nicht zu sehen bekommt.

Propellerwelle

Propellerwelle

Die Polarstern hat 2 Propeller für den Antrieb, die von bis zu 4 Maschinen (max 14116 kW; ca. 20 000 PS) angetrieben werden. Über zwei zwischengeschaltete Wellengeneratoren wird Strom erzeugt. Falls mehr Strom benötigt wird, können bis zu 2 Hilfsdiesel, welche die Namen Jonathan und Amanda haben, zugeschaltet werden. Traditionell bedingt haben (fast) alle Maschinen einen Namen.  Ein Propeller hat 4 Flügel und insgesamt einen Durchmesser von 4,2 Metern. Ein Flügel ist in etwa so groß wie ich; und das ist anscheinend noch klein.  Über die Stellung/Steigung der Flügel wird zum einen die Fahrtrichtung (vorwärts/rückwärts) bzw. die Geschwindigkeit reguliert. Je steiler die Flügel angestellt werden, umso schneller fährt die Polarstern. Da die Maschinen während der gesamten Expedition rund um die Uhr laufen und noch viele andere Geräte mit Energie versorgt werden müssen, verliess das Schiff Kapstadt mit ca. 3000 Tonnen Brennstoff. Davon werden wir vermutlich 1700 Tonnen verbrauchen, der Rest ist Reserve. Eine Tonne kostet etwa 1000 US Dollar.

Hilfsdiesel

Hilfsdiesel

Da die beiden Trinkwassertanks je 100 Tonnen Süßwasser fassen können, und sich der tägliche Verbrauch auf etwa 20 Tonnen beläuft, muss während der Fahrt immer wieder neues Trinkwasser aufbereitet werden. Hierfür stehen einerseits ein Vakuumverdampfer, welcher über die Abwärme der Maschinen angetrieben wird, und andererseits eine Umkehrosmoseanlage, welche Salzwasser unter sehr hohem Druck durch eine Membran drückt, zur Verfügung. Somit können bis zu 50 Tonnen Süßwasser pro Tag hergestellt werden. Salzwassertanks sorgen für die Stabilität des Schiffs, denn nach und nach wird Brennstoff verbraucht und dieses Gewichtsdefizit muss ausgeglichen werden. Die Tanks befinden sich in der Doppelhülle des Schiffrumpfes. Die Steuerung der Tanks erfolgt über eine Hydraulikanlage, die vom Maschinenkontrollraum bedient wird. Hierbei berechnet der Kapitän unter Zuhilfenahme eines Stabilitäsprogramms, welche Tanks in welcher Reihenfolge geöffnet werden, denn wenn beispielsweise erst alle Backbord Tanks geleert würden, würde das Schiff in sich instabil werden.

Jens und die Kesselanlage

Jens und die Kesselanlage

Die Beheizung des Schiffes erfolgt vorwiegend über Dampfanlagen mit direkten und indirekten Heizkreisläufen. Die Kesselanlage erzeugt Dampf, welcher über Rohrleitungen zu den Verbrauchern, die beheizt werden sollen, geleitet wird. Das von den Heizkreisläufen zurückfliessende Kondensat wird im Kesselspeisewasserkondensattank gesammelt und dem Prozess zur Dampferzeugung wieder zugeführt. Dieser sieht sehr futuristisch aus und ist neben Jens im Foto zu sehen (silberner Würfel).

Das Abwasser wird über eine biologische Wasseraufbereitungsanlage aufbereitet, da südlich des 60. Breitengrades, zum Schutz und zur Erhaltung des Ökosystems, nichts ins Meer entlassen werden darf.

Jens hat 10 Jahren als Schiffsmechaniker für die Reederei F. Laeisz auf der Polarstern gearbeitet, ließ sich dann 2 Jahre lang zum technischen Schiffsoffizier weiterbilden und arbeitete 4 Jahre auf Containerschiffen und Gastankern. Seit Beginn der Expedition in Bremerhaven, ist er wieder an Bord der Polarstern.

 

Jörg im Maschinenkontrollraum

Jörg im Maschinenkontrollraum

Für besonders Interessierte im Folgenden ein Auszug aus dem Handbuch der FS Polarstern über Maschinendaten:

VERSTELLPROPELLERANLAGE: 2 x Escher Wyss-Anlage 380 R mit zwei Propellern in Propellerdüsen, Propellerflügelzahl: 4 Leistung: 2 x 7058 KW bei 182,4 U/min, Propellerdurchmesser: 4200 mm

RUDERBLATT: vollgelagertes Profilruder mit 3-fach-Lagerung, Ruderfläche: 20,78 m2

RUDERMASCHINE: Typ: Frydenboe, RV 2600-3; 2 x 46,5°, Rudermoment: 2001 kNm

BUGSTRAHLRUDER: KAMEWA, Typ 2400/ AS-CP; Leistung: 1103 KW

HECKSTRAHLRUDER: KAMEWA, Typ 2400/ AS-CP; Leistung: 1103 KW

HAUPTMASCHINEN: 4 x Klöckner-Deutz RBV 8 M 540, Leistung: 3529 KW bei 650 U/min, Gesamtleistung der Hauptmotoren 14.116 KW

HAUPTGETRIEBE: 2 x Renk ASL 2 x 145 G

HILFSDIESEL: 2 x MAK 8 M 332 AK, Leistung: 1290 KW bei 750 U/min

GENERATOREN: 2 x AEG B 20, 1500 KVA; 660/ 380 V, 50 Hz

WELLENGENERATOREN: 2 x AEG B 3, 2500 KVA; 660/ 380 V, 50 Hz

LANDANSCHLUSS: 1000 A, 380 V, 50 Hz für normales Netz

WISSENSCHAFTLICHES SONDERNETZ: 100 A, 380 V, 50 Hz

NOTDIESELAGGREGAT: Deutz/Janssen, BA 12 M816, Leistung: 560 KVA bei 1500 U/min

HILFSKESSEL: 2 x Dreizug-Flammrohr-Rauchrohrkessel, HDW Kiel, 10 t/h bei 10 bar max. Dampfdruck

ABGASKESSEL: 2 x Stahlrippenrohr-Doppelkessel m. Zwangsumlauf, HDW Kiel, 3,5 t/h bei 10 bar max. Dampfdruck

ABWASSERANLAGE: ROCHEM Biofiltrations-Anlage mit Membran, Ultrafiltration für Schwarzwasser, in Kombination mit ROCHEM UF-Anlage für Grauwasser

MÜLLVERBRENNUNGSANLAGE: TEAMTEC – Golar, Typ OGS 400 C

INTERINGANLAGE: Stabilisator und Schlingerdämpfungsanlage mit drei Tanks, manueller und automatischer. Eisbrecher- Krängungsbetrieb

 

Quelle: www.awi.de; Handbuch FS Polarstern, Ein Leitfaden zur Planung und Durchführung von Expeditionen mit FS Polarstern

Herausgeber: Saad El Naggar und Eberhard Fahrbach, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven

Eberhard Wagner, Reederei F. Laeisz (Bremerhaven) GmbH

 

Maschine 2

Maschine 2

10-Minutenwerte der Bordwetterwarte vom 12.01.13 10:31 UTC

Lufttemperatur -4.3 °C
Wassertemperatur -1.0 °C
Luftdruck 973.8 hPa
Luftdruck, reduziert 976.1 hPa
Wahre Windgeschwindigkeit 14.2 m/s
Wahre Windrichtung 148.2 °
Relative Windgeschwindigkeit 13.9 m/s
Relative Windrichtung 318.5 °
Relative Luftfeuchte 95 %
Globalstrahlung 279 W/m²
Höhe Wolkenuntergrenze 2012 ft
Sichtweite 3418 m
Position/Länge -50.80368 °
Position/Breite -63.72001 °
Schiffsgeschwindigkeit 0.5 kn
Schiffskurs 328.6 °

 

3 Gedanken zu „12. Januar – Zu Gast im Maschinenraum

  1. Wunderschöne letzte Stunden auf der Polarstern!! 😉
    Ganz liebe Grüße, Nina

  2. Das ging ja jetzt echt schnell vorbei… ich hoffe, die letzten Tage auf der Polarstern sind noch besonders schöne Tage, auch wenn es ja jetzt bald schon Abschied nehmen heißt! Noch ganz viel Spaß und anschließend eine gute Heimreise!

    • Das stimmt. Die Zeit verging wie im Flug! Eigentlich viel zu schnell. Inzwischen bin ich schon wieder zu Hause. Die letzten Blogeinträge sind bald online.

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