14. Dezember – Eiswache

03.45 Uhr, raus aus den Federn, mitten in der Nacht. Die Sonne scheint, das macht die Sache angenehmer. Noch etwas verschlafen treffe ich auf der Brücke ein. Ich bin nicht die einzige. Neben Florian, dem 2. Nautischen Offizier, sind auch  Vogel- und Walbeobachter schon wach, und suchen seit Sonnenaufgang (01.30 Uhr, Sonnenuntergang 22.21 Uhr) jeden Zentimeter des Wassers mit dem Fernglas ab. Da meine Schicht getauscht wurde, bin ich von jetzt an immer von 04-08 Uhr und von 16-20 Uhr auf Wache, zusammen mit Nina. Wenn das Schiff steht, machen wir wie gehabt die CTD’s. Wenn wir gerade nicht auf Station sind und das Schiff fährt, sind wir von der Brücke aus für die Eiswache zuständig. Unsere Aufgabe ist, das Eis innerhalb von einem Kilometer zu klassifizieren, abzuschätzen wie viel Prozent der Wasseroberfläche mit Eis bedeckt ist, zu beurteilen wie dick die Eisschollen sind und wie viel Schnee auf ihnen liegt. Alle Werte werden, neben Datum, Uhrzeit und Schiffsposition, mit einem Computerprogramm alle halbe Stunde erfasst. Bislang dachte ich Eis ist gleich Eis, aber das stimmt nicht. Je nach Aussehen, Alter und Form wird differenziert. 16Abb1 16Abb2 16Abb3

Es gibt zum Beispiel: Shuga, Nilas, Pancakes, Grease, Brash und noch viele mehr. Die deutschen Begriffe kennt keiner mehr. Bis auf das Pfannenkucheneis, werden alle Eisarten nur noch mit den englischen Fachbegriffen benannt. Zur genauen Bestimmung stehen uns Fotos zur Verfügung. Das erleichtert die Zuordnung. Die Abbildung 1 zeigt zum Beispiel Shuga-Meereis, Abbildung 2 Nilas-Meereis und Abbildung 3 das Pfannenkucheneis.
Da viele Augenpaare permanent aufs Wasser und Eis gerichtet sind, ruft ständig jemand: „Penguin! Over there! Very close!“ Manchmal liegen, stehen, watscheln oder rutschen sie über die Eisschollen, manchmal springen sie durchs Wasser, manchmal sieht man sie auf Schollen rauf- oder runterspringen. Egal was sie machen, sie sind immer eine Attraktion, da sie neugierig das Schiff anschauen, sich scheinbar unterhalten und man sich einfach nicht an ihnen sattsehen kann. Die Kameras werden sofort ausgerichtet – meine erscheint neben den Paparazzi-Objektiven der Vogelbeobachter winzig klein – und die Protokolle um Anzahl und Art ergänzt. Das Glück einen Wal aus der Nähe zu sehen hatte ich bislang leider noch nicht.
Eine weitere Attraktion, die ich leider verschlafen habe, da ich nach der Eiswache immer noch mal ins Bett gehe, war die Begegnung mit einem anderen Schiff. Unfassbar, dass man in dieser unendlichen Weite jemanden trifft! Die S. A. Agulhas II ist ein südafrikanisches Forschungsschiff und ebenfalls zu Versorgungszwecken auf dem Weg in die Antarktis.  Die Chance, dass wir sie nochmals treffen, ist anscheinend ziemlich hoch, da die Polarstern der bessere Eisbrecher ist und die S. A. Agulhas II, sobald das Eis zu dick wird, unserem Kurs folgen wird, damit sie freie Bahn hat.
16SA Agulhas II

 

 

 

 

 

 

 

10-Minutenwerte der Bordwetterwarte vom 14.12.12 15:11 UTC

  •      Lufttemperatur    -1.7    °C
  •      Wassertemperatur    -1.5    °C
  •      Luftdruck    986.2    hPa
  •      Luftdruck, reduziert    988.5    hPa
  •      Wahre Windgeschwindigkeit    1.8    m/s
  •      Wahre Windrichtung    22.3    °
  •      Relative Windgeschwindigkeit    3.5    m/s
  •      Relative Windrichtung    346.5    °
  •      Relative Luftfeuchte    82    %
  •      Globalstrahlung    179    W/m²
  •      Höhe Wolkenuntergrenze    1054    ft
  •      Sichtweite    24537    m
  •      Position/Länge    -0.04905    °
  •      Position/Breite    -64.27571    °
  •      Schiffsgeschwindigkeit    9.3    kn
  •      Schiffskurs    175.1    °